Bemühungen um das Affidavit

Um in die USA ausreisen zu können, benötigten die Migrant_*innen ein sogenanntes Affidavit (lat. er/sie hat bezeugt). Damit war eine Bürgschaft gemeint, mit der ein Bewohner des Gastlandes garantiert, für den Unterhalt der betreffenden Personen aufzukommen.

Der Wiener Uhrmacher Abraham Chaim Tauber, auch Tauber Rubin, bat in einem Schreiben vom 25. Juli 1938 vermutlich eine jüdische Hilfsorganisation um Unterstützung bei der Suche nach Bürgen.[1] Zur Familie gehörten neben dem in Polen geborenen Abraham (*1895) seine in Rumänien geborene Frau Seraphine (*1894) sowie die beiden in Wien geborenen Söhne Max (*1921) und Herbert (*1923). Die Familie hatte bereits von Verwandten ein Affidavit erhalten, welches das amerikanische Konsulat jedoch nicht als ausreichend betrachtete. Die Familie lebte in der Raffaelgasse 1/12 im 20. Bezirk.

Aus Tauber Rubins Bittbrief spricht seine Verzweiflung, der Ton changiert zwischen dem Drängen auf Hilfe und Unterwürfigkeit. Er stellt zunächst die eigene Unabhängigkeit heraus, die Begabungen seiner beiden Söhne, um so ein Affidavit zu erwirken.

„Beide sind gesunde fesche Kinder und haben leider keine Zukunft.

Ich trete daher in dieser traurigen Zeit an edle Menschenherzen heran, einer edlen jüdischen Familie zu helfen und für mich und meine Familie Affidavits zu schicken. Ich werde gottbehütet niemandem zur Last fallen. Werde alle Barauslagen mit vielem tausend Dank bezahlen. Sämtliche Spesen zahle ich mir selbst.“

Das Affidavit erhielt die Familie wohl nicht. Am 12. Mai 1942 wurde sie in das Ghetto Ibizca[2] deportiert, das noch im gleichen Jahr aufgelöst wurde und dessen Insassen in die Vernichtungslager Belzec und Sobibor sowie nach Majdanek deportiert wurden. Die Familie überlebte nicht.

[1] Dok.70: Abraham Tauber Rubin aus Wien sucht am 25. Juli 1938 nach einem Bürgern, um mit seiner Familie emigrieren zu können, in: Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd. 2: Deutsches Reich, 1938 – August 1939, München 2009, S. 244 f. Alle Zitate ebd. Der Adressat des Briefes ist nicht bekannt.
[2] Zum Ghetto Ibizca s. httpss://de.wikipedia.org/wiki/Ghetto_Izbica, Zugriff, 16. August 2015.

erinnert an einen Menschen, der das Exil nicht überlebt hat

Kommentare sind geschlossen.