Gary/Gerhard Samuelis (1912–1984) war kaufmännischer Angestellter im Berliner Warenhaus Nathan Israel in der Spandauer Straße, wo er in der Stoffabteilung arbeitete.
Im Frühjahr 1937 wanderte Samuelis zu seiner Tante nach New York aus. In einem Brief an seinen ehemaligen Vorgesetzten Karl Polley (1898–1943) schilderte er seine Schwierigkeiten, in den USA Fuß zu fassen.[1]
„Versuch, in irgendein[em] Warenhaus anzukommen, schlaegt fehl. Versuche als Tischler, Chauffeur, Kellner, Bossboy, als alles. […] Renne 2 Monate wie ein Wahnsinniger umher, alles vergeblich.“
Ein Angebot, im 3000 Meilen entfernten Portland/Oregon zu arbeiten, nimmt Samuelis zum Ärger seiner Tante an und ist dort zunächst bei einem Herrenausstatter tätig. Den Brief an den ehemaligen Kollegen Polley schreibt er erst, als er glaubt, „ueber den groessten Berg“ zu sein.
Seine Erfahrungen im Exil beschreibt Samuelis durchaus ambivalent: „Man hat so viel durchgemacht und schlechtes erlebt und gesehen, dass man einfach unfaehig ist, Worte dafuer zu finden, ohne sie zu verflachen.“ Zugleich spricht Samuelis aber auch von „[u]nsagbar schoene[r] Freiheit“ und den „Vorbereitungen fuer mein Mädchen“ – wohl seine Lebensgefährtin, die er in die USA nachholen wollte.
Samuelis und Polley haben sich nicht wiedergesehen, denn Karl Polleys Bemühungen um eine Auswanderung scheiterten. Nach Zwangsarbeit bei der Firma Siemens wurde er am 19. April 1943 nach Auschwitz deportiert. Das letzte Dokument zu Polley ist seine Registrierung im Krankenbau des Lagers Buna-Monowitz im Oktober 1943. Der Brief befindet sich im Jüdischen Museum Berlin, DOK-97-5-32, Bl. 1 f.
[1] Dok. 297. Gary Samuelis beschreibt Kurt Polley in Berlin am 3. Oktober 1937 seine Anfangsschwierigkeiten in den USA, in: Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd. 1: Deutsches Reich, 1933–1937, München 2008, S. 709 ff. Alle Zitate ebd.