Menschenrechte: Drucilla Cornells Konzept der „imaginary domain“

Die amerikanische Rechtsphilosophin Drucilla Cornell, die an der Rutgers University, New Jersey lehrt, entwickelte Mitte der 1990er Jahre das Konzept der „imaginary domain“[1]. In ihrem 1998 erschienenen Buch At the Heart of Freedom definierte sie diesen Begriff wie folgt:

„The freedom to create ourselves as sexed beings, as feeling and reasoning persons, lies at the heart of the ideal that is the imaginary domain“[2].

Ziel dieser Definition ist es unter anderem, einem westlichen geprägten Menschenrechtsbegriff zu entgehen, der an die Konstitution des Menschen als einzelnem Subjekt gebunden ist. Denn dies sei nicht in allen Gesellschaften der Fall. Cornell will mit der „imaginary domain“ einen weltweit als schützenswert geltenden Raum benennen, der jedem Menschen zustehen muss, ganz gleich wie dieser Mensch sich entwirft. Da die „imaginary domain“ zentral für die Konstitution der Identität und des Glücks eines jeden Mensch ist, müsse sie auch im öffentlichen Raum toleriert werden.

Cornell bezieht die „imaginary domain“ in ihren Texten zwar auf verschiedene Formen, die eigene Sexualität zu leben, allerdings schützt diese aus meiner Sicht auch allgemein das Recht auf die Verfolgung des eigenen Glücks (pursuit of happiness) und damit – so Cornell – auf eine Einbindung in die Gemeinschaft und das Rechtssystem.[3]

Der Begriff ist also weiter zu fassen: Jeder Mensch, jeder Flüchtling hat eine „imaginary domain“, die es zu schützen gilt. In dieser entwirft er, sie, x eine Identität, eine Vorstellungen eines erfüllten Lebens, von Glück. Dazu kann es auch gehören, in einem anderen Teil der Welt sein Leben führen zu müssen oder zu wollen. Die „imaginary domain“ umschreibt den Raum der unantastbaren Würde des Menschen. Ihren Schutz gilt es einzuklagen und durchzusetzen.

[1] Cornell entwickelte den Begriff zuerst in The Imaginary Domain: Abortion, Pornography and Sexual Harrassment. New York1995.
[2] Drucilla Cornell: At the Heart of Freedom, Princeton, NJ 1998, S. ix. Den Begriff entwickelt sie insbesondere in Kapitel 2, Freed Up: Privacy, Sexual Freedom, and Liberty of Conscience, S. 33–65.
[3] Avital H. Bloch. Review of Cornell, Drucilla, At the Heart of Freedom: Feminism, Sex and Equality. H-Women, H-Net Reviews. April 2000.

erinnert an einen Menschen, der das Exil nicht überlebt hat

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