Mascha Kaléko

Die Dichterin und Sängerin Golda Malka Aufen (später bekannt unter dem Namen Mascha Kaléko) wurde am 7. Juni 1907 in Chrzanow (Westgalizien) als Tochter jüdischer Eltern geboren. Sie sprach sehr selten über sich selbst, und noch weniger von ihrer Jugend, aber anhand ihrer Gedichte kann man wohl annehmen, dass sie nicht sehr glücklich war.

„Was ich noch weiß aus jenen trüben Tagen,
Ist nur Erinnerung an Hörensagen.“ [1]

Der Umzug nach Deutschland erfolgte 1914, dem Jahr des Ausbruchs des 1. Weltkriegs. Mascha Kaléko bezeichnete die Umstände der Auswanderung in ihren Gedichten auch als Flucht. Ob dies objektiv so war oder dem persönlichen Empfinden geschuldet ist, kann nicht eindeutig geklärt werden. Ein spätes Gedicht (entstanden 1974) schildert die Eindrücke und Ängste des kleinen Mädchen von damals:

„Fragnichtsoviel
Die Fenster zu. Die Rolläden bleiben herunter.
Wer an der Tür läutet, der Postbote kann’s nicht sein.
Kinder werden gesehen nicht gehört.
Weinen ist lebensgefährlich.“ [2]

Im Jahr 1918 zog die Familie nach Berlin, wo Mascha ihre Schulzeit verbrachte und später Kurse an der Universität belegte. Sie kam mit den Künstlern und Literaten rund um das „Romanische Café“ in Kontakt und begann selbst Gedichte, Prosa und Liedtexte zu schreiben. Sehr schnell wurde sie bekannt und als „weiblicher Kästner“ oder „weiblicher Ringelnatz“ bezeichnet. Ihr mal schnoddriger, mal gefühlvoller Ton war beliebt und einige der bekanntesten Interpretinnen dieser Zeit nahmen die Chansons in ihr Repertoire auf, so auch die berühmte Claire Waldoff.

Ihren Künstlernamen Kaléko verdankte sie ihrer Heirat mit dem Lehrer Saul Aaron Kaléko. Nur sechs Tage nach der Scheidung 1938 heiratete sie ein zweites Mal, den Vater ihres Sohnes Evjatar Alexander Michael, den Dirigenten und Musikwissenschaftler Chemjo Vinaver.

Im September 1938 flüchtete die Familie vor den Nationalsozialisten nach New York, wo Mascha mit Reklametexten und Kindergedichten größtenteils für den Unterhalt der Familie sorgte, da ihr Mann nicht den gewünschten beruflichen Erfolg hatte. Ihr Tagebuch verrät viel über ihre teils existenziellen Sorgen während dieses Exils.

„Geld haben ist nicht schön. Aber Geld nicht haben ist schrecklich.“ [3]

Der Verleger Ernst Rowohlt brachte nach dem Krieg erneut ihre Gedichtsammlung das Lyrische Stenogrammheft heraus, die auf Anhieb ein Erfolg wurde. Als ihr 1960 der Fontane-Preis überreicht werden sollte, weigerte sie sich, den Preis aus den Händen des ehemaligen SS-Mitglieds Hans Egon Holthusen entgegenzunehmen, woraufhin ihr der Preis verweigert wurde. Der Präsident der „Akademie der Künste Berlin (West)“ Herbert von Buttlar riet den Emigranten fortzubleiben, wenn es ihnen hier nicht gefalle.

Im selben Jahr emigrierte die Familie nach Jerusalem, wo Mascha unter der sprachlichen und künstlerischen Isolation sehr litt. Nach dem Tod ihres Sohnes 1968 und ihres Mannes 1973 kehrte Mascha Kaléko für einen Vortrag noch einmal nach Berlin zurück, sehr eindrucksvoll beschrieben von Horst Krüger:

„Sie war etwas Schwebendes, Unwägbares, das man nicht halten kann, wie ein Gedicht.“ [4]

Auf dem Rückweg nach Jerusalem starb Mascha Kaléko 1975 in Zürich an Magenkrebs. Sie liegt begraben auf dem Jüdischen Friedhof Zürich-Friesenberg.

[1] Mascha Kaléko: Die paar leuchtenden Jahre, herausgegeben von Gisela Zoch-Westphal, München 2003, Seite 17.
[2] Zoch-Westphal, Gisela: Aus den sechs Leben der Mascha Kaléko. In: Mascha Kaléko: Die paar leuchtenden Jahre, a.a.O., Seite 227.
[3] Ebd., Seite 29.
[4] Krüger, Horst: Meine Tage mit Mascha Kaléko. In: Mascha Kaléko: Die paar leuchtenden Jahre, a.a.O., Seite 14.

Neben den als Zitat gekennzeichneten Stellen wurden für diesen Text verwendet:
Weidermann, Volker: Das Buch der verbrannten Bücher, München 2009.
Der Wikipedia-Eintrag über Mascha Kaléko (httpss://de.wikipedia.org/wiki/Mascha_Kal%C3%A9ko);
Die Seiten des Deutschen Literaturarchivs Marburg (https://www.dla-marbach.de/dla/museum/literaturvermittlung/junges_museum/mascha_kaleko_online/index.html).

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